Klimaschutz und Soziales sind untrennbar

Rede der Fraktionsvorsitzenden Angelika Esch zur Verabschiedung des Bonner Klimaplans vor dem Rat am 23.03.2023 - Es gilt das gesprochene Wort -

Bild: Markus Spiske/www.unsplash.com

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

2019 wurde es auf SPD-Antrag beschlossen: Bonn soll bis 2035 klimaneutral werden. Das ist eine Herkulesaufgabe, aber wir sind es den Bonnerinnen und Bonnern und den nachfolgenden Generationen schuldig. Drei Jahre später liegt uns nun ein Plan vor, wie der Schutz des Klimas und die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels umgesetzt werden sollen. Die Klimakrise ist die existentielle Herausforderung unserer Zeit. Die Wissenschaft warnt seit den 1970er Jahren vor der globalen Erhitzung. Und weil diese so komplex ist und alle betrifft, brauchen wir ein systematisches Vorgehen.

Angelika Esch Bild: ©s.h.schroeder

Heute wollen wir gemeinsam erste Schritte zum Schutze unseres Klimas einleiten. Wir wollen die kommunalen Handlungsmöglichkeiten nutzen und dabei einen sozialen Schwerpunkt setzen, um alle Menschen unserer Stadt einzubeziehen. Der Schutz der Umwelt und des Klimas ist eng mit der Sozialdemokratie verbunden. „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden!“ Das sagte Willy Brandt am 28. April 1961. Für die SPD ist es unabdingbar, dass der Prozess sozial gerecht gestaltet wird. Soziale Ziele, wie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, die Sicherung und Neuerrichtung von Tageseinrichtungen für Kinder, der Ausbau der OGS oder auch die Digitalisierung der Schullandschaft dürfen nicht darunter leiden.

Unser Ziel ist ein sozial gerechter Klimaschutz, der sowohl den Zusammenhalt der Gesellschaft fördert als auch bei konkreten Maßnahmen die soziale Ausgewogenheit garantiert. Denn klar ist. Die Stärkung des sozialen Zusammenhalts ist grundlegend für die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen. Gut gemachter Klimaschutz geht mit einem Mehr an sozialer Gerechtigkeit einher. Das ist allein schon deshalb so, weil Umweltzerstörung und Klimakrise vor allem ärmere Menschen treffen, obwohl sie weniger Emissionen verursacht haben. Wohingegen Wohlhabende für deutlich mehr Emissionen verantwortlich sind, aber von deren Auswirkungen weniger stark betroffen sind. Als SPD-Ratsfraktion sind wir davon überzeugt, dass sich effektive Maßnahmen gegen den Klimawandel und Solidarität verbinden lassen. Bei der sozial-ökologischen Transformation setzen wir auf eine Politik, die Umwelt und sozialen Zusammenhalt zusammendenkt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt garantiert.

Bei der genaueren Betrachtung des vorgelegten Klimaplans ist uns deutlich geworden, dass der Plan in der vorgelegten Fassung große Schwachstellen im Bereich der sozialen Gerechtigkeit hat. Für uns sind Klimaschutz- und Sozialpolitik untrennbar. Daher haben wir in die Beratungen des Klimaplans einige Änderungsanträge für mehr soziale Gerechtigkeit eingebracht. Ja, wir brauchen dringend eine mutige Klimapolitik. Sie wird aber nur dann nachhaltig und erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht ist und wir alle Menschen mitnehmen.

Ein erster wichtiger Aspekt ist die Arbeit im Quartier, da Klimaschutz vor Ort passieren muss. Die soziale Quartiersarbeit muss mit den Klimamaßnahmen zusammen gedacht werden. Nur so können wir alle Teile der Bonner Stadtgesellschaft erreichen und auf unserem Weg zur Klimaneutralität mitnehmen. 1.050.000 € pro Jahr stehen im Klimaplan hierfür insgesamt zur Verfügung.

Ein wichtiges Thema beim Klimaschutz ist das Heizen. Wer zur Miete wohnt, hat meistens keinen Einfluss auf die Heizungsanlage. Deshalb haben wir beantragt, dass Menschen mit Bonn-Ausweis beim Kauf von smarten Thermostaten finanziell unterstützt werden. Die Thermostate „denken mit“ und regulieren den Energieverbrauch. Das ist gut fürs Klima und den Geldbeutel! Für diese Maßnahme stellen wir 50.000 Euro zur Verfügung. In diesem Zusammenhang sind auch energetische Altbausanierungen wichtig, da die meisten Altbauten kaum gedämmt sind, was wiederum für die Mieterinnen und Mieter hohe Kosten verursacht. Der Klimaplan sieht daher ein Förderprogramm für Altbausanierungen durch private Vermieterinnen und Vermieter vor. Für uns steht außer Frage, dass Sanierungen, die durch unsere Förderprogramme bezuschusst werden, nicht zu Mietsteigerungen führen dürfen. Deshalb haben wir die Verwaltung beauftragt, eine rechtssichere Grundlage zu schaffen, wonach die Vermieterinnen und Vermieter verpflichtet werden, dauerhaft auf Modernisierungs-Mieterhöhungen aus der bezuschussten Maßnahme zu verzichten.

Weiter haben wir beantragt, dass es Menschen mit geringem Einkommen, aber auch Vereinen ermöglicht wird, durch ein städtisches Darlehen energieeinsparende große elektronische Geräte, wie zum Beispiel Kühlschränke oder Waschmaschinen anzuschaffen und die alten Energiefresser abzugeben. Dies soll in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken und dem Jobcenter erfolgen.

Erneuerbare Energien sind ein bedeutender Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele, deshalb müssen wir vor Ort die Potenziale nutzen. Dazu gehört Photovoltaik auf dem Dach, auf dem Balkon, auf der Freifläche und an Autobahnen. Auch Windenergiepotenziale wollen wir erneut prüfen, um neue Möglichkeiten in der Gesetzgebung gegebenenfalls nutzen zu können. Die Bereitschaft zu mehr Klimaschutz ist in der Bevölkerung längst vorhanden. Das zeigt sich unter anderem an unserem extrem erfolgreichen Photovoltaikprogramm. Dieses wurde auf unsere Initiative auch auf Menschen mit wenig Einkommen und auch auf Mieterinnen und Mieter zugeschnitten. Die Förderung von erneuerbaren Energien bauen wir nun aus, indem wir Bürgerenergiegenossenschaften stärken. Bislang fehlt hier nämlich die beratende Unterstützung. Deshalb stellen wir Ressourcen und eine Ansprechperson seitens der Stadt bereit, die dabei in Vollzeit unterstützend zur Seite steht. Auch die Gelder für die Öffentlichkeitsarbeit haben wir hier verdoppelt, damit derartige Projekte auch in der Stadtgesellschaft bekannt werden.

Darüber hinaus gibt es in Bonn bereits heute viele lokale Initiativen, die mit kleinen finanziellen Mitteln durch ihr ehrenamtliches Engagement große Effekte erreichen können. Diesem bürgerschaftlichen Engagement möchten wir mehr Wertschätzung entgegenbringen und die Ehrenamtlichen weiter motivieren. Wir bringen ein Projektförderprogramm auf den Weg, das bis zu 3000 € für sozialökologische Klimaprojekte zur Verfügung stellt. Und das auf eine unbürokratische Art und Weise, damit ehrenamtlich Aktive möglichst einfach die Mittel beantragen können. 950.000 € pro Jahr sind hierfür innerhalb des Klimaplans verschoben worden.

Die Stadt Bonn und der Stadtsportbund haben bereits Maßnahmen ergriffen, um das Thema Nachhaltigkeit im Sport voranzubringen. Wir haben diese nun um einen weiteren finanziellen Anreiz für Vereine ergänzt und die Sportfördermittel um 160.000 Euro erhöht. Dieses Geld soll den Vereinen direkt zugutekommen. Es soll für nachhaltige Sanierungen, energie- und wassereinsparende Maßnahmen sowie umweltfreundliche Veranstaltungsformate genutzt werden.
All das sind Maßnahmen, die unmittelbar ergriffen werden können. Wir müssen jetzt Handeln und dürfen nicht nur Konzepte schreiben. Klimaschutz geht uns alle an. Maßnahmen dürfen nicht einfach nur „von oben“, also von Verwaltung und Politik kommen. Es braucht eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz und Sensibilisierung. Deshalb gehen wir in die Stadtteile, in die Quartiere, zu Vereinen und Initiativen und unterstützen das zivilgesellschaftliche Engagement. Soziale und ökologische Projekte aus der Stadtgesellschaft fördern wir deshalb genauso wie Klimapatenschaften für Ortsteile durch Vereine oder Initiativen.

Mit unseren Anpassungen setzen wir einen Schwerpunkt auf die soziale Gerechtigkeit. Denn nur wenn alle Menschen mitgenommen werden, können wir das gemeinsame Ziel erreichen und den größtmöglichen Beitrag der Stadt Bonn dazu leisten, dass die Klimaerhitzung reduziert wird. Uns ist klar, dass mit dem Klimaplan allein unser Planet nicht gerettet wird. Aber wir senden hier ein ganz wichtiges Signal und setzen den sozialökologischen Grundstein für ein klimaneutrales Bonn in 2035.

Ich halte fest: Klimaschutz ja – aber sozial gerecht! Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit sind untrennbar. Ich hoffe, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen das auch so sehen. Und deshalb bitte ich um breite Zustimmung zum Klimaplan. Auch, um hier ein Zeichen für die uns nachfolgenden Generationen zu setzen. Vielen Dank.