Auch die Kommunalpolitik steht angesichts steigender Fallzahlen und Hospitalisierungen vor der Herausforderung, wie unter Pandemiebedingungen in verantwortlicher Weise trotzdem Rats- und Ausschusssitzungen stattfinden können. Dies wird die Stadt wie zuletzt durch die Suche nach größeren Sitzungsräumen und Reduzierung der Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer versuchen. Weitgehend zerschlagen haben sich dagegen die Hoffnungen, dass die schwarz-gelbe Landesregierung in nächster Zeit irgendeinen nennenswerten Beitrag leisten wird, um digitale oder hybride Gremiensitzungen zu ermöglichen. Daran ändert auch die Teilnahme Bonns als eine von mehreren Kommunen am Modellprojekt für digitalen Sitzungsbetrieb nichts.
Dazu erklären Dr. Annette Standop und Tim Achtermeyer, Fraktionsvorsitzende der Grünen: „Seit über anderthalb Jahren stellt uns die Pandemie vor Herausforderungen in allen Lebensbereichen. Das sollte ausreichend Zeit sein, um die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, Ausschuss- und Ratssitzungen auch in digitaler oder hybrider Form stattfinden zu lassen. Doch auf Landesebene hat man offensichtlich die Ruhe weg. Es gibt bisher keinerlei Anzeichen, dass hier bis zur Landtagswahl noch irgendetwas passieren wird, und das stellt uns aktuell in der vierten Welle vor erhebliche Probleme. Warum die CDU-geführte Landesregierung diese Frage so verschleppt, ist für uns völlig unverständlich. In anderen Bundesländern – siehe zum Beispiel das direkt an Bonn angrenzende Rheinland-Pfalz – ist digitaler oder hybrider Sitzungsbetrieb längst möglich.“

Angelika Esch, Fraktionsvorsitzende der SPD: „Auch das auf Landesebene initiierte Modellprojekt für digitalen Sitzungsbetrieb ist in dieser Hinsicht kaum mehr als ein Feigenblatt. Es spricht natürlich nichts dagegen, sich abstrakt über Anforderungen und technische Voraussetzungen von digitalen Sitzungen auszutauschen. Aber solange im Rahmen dieses Modellprojekts keine digitalen Sitzungen unter realen Bedingungen stattfinden können, weil hierfür die landesrechtlichen Voraussetzungen fehlen, nützen uns diese Trockenübungen in der aktuellen Situation herzlich wenig.“
Dr. Michael Faber, Fraktionsvorsitzender der LINKEN: „Bedauerlicherweise hat sich auch die Bonner Ratsfraktion der CDU dieser Verzögerungstaktik angeschlossen und sprach zuletzt in einem Antrag davon, das Projekt zu einem ‚langfristigen‘ Erfolg zu führen. Aber es kann in der aktuellen Notlage nicht mehr bloß um langfristige Ziele gehen, sondern es müssen jetzt möglichst schnell wirkende Maßnahmen umgesetzt werden. Wir können es uns aus Gründen des Gesundheitsschutzes deshalb nicht leisten, diese dringende Frage weiter aufzuschieben. Gerade Guido Déus als kommunalpolitischen Sprecher seiner Landtagsfraktion sehen wir hier in der Verantwortung, dass die berechtigten Interessen der Kommunen durch das Land nicht weiter abgewiegelt werden.“
Friederike Martin, Fraktionsvorsitzende von Volt: „Schon Anfang Februar hatte der Rat gegen die Stimmen von CDU, FDP und Bürgerbund in einer Resolution den Appell an die Landesregierung gerichtet, digitale Gremiensitzungen unter Pandemiebedingungen zu ermöglichen. Denn mit einer Verlegungsmöglichkeit der Sitzungen in den digitalen Raum würde nicht nur dem Gesundheitsschutz Rechnung getragen, auch die Handlungsfähigkeit der demokratisch legitimierten Selbstverwaltungsorgane würde gesichert. Seitdem ist viel Zeit vergangen, ohne dass wir entscheidend vorangekommen sind. Das Land muss hier endlich handeln.“